Nürnberg – Drei bis vier Mal im Jahr kommt Anja Pudelko persönlich vorbei: Die Expertin für Unterstützte Kommunikation (UK) von der Rummelsberger Beratungsstelle UK 18 plus nimmt sich Zeit für den Fachbereich Autismus. Einen Tag lang besucht sie eine Einrichtung in Nürnberg oder Hersbruck und unterstützt Autist*innen, Angehörigen und Mitarbeiter*innen beim effektiven Einsatz von Hilfsmitteln und Methoden. Jüngst hat die 57-Jährige die Förderstätte für Menschen im Autismus-Spektrum in Nürnberg besucht und berichtet von ihrer Arbeit mit dem Talker.
Frau Pudelko, Ende November haben Sie einen Tag in der Nürnberger Förderstätte für Menschen im Autismus-Spektrum verbracht. Was hat Ihnen besonders gut gefallen?
Anja Pudelko: Es war ein spannender Tag. Wir haben morgens mit der Beratung einer Mutter begonnen. Die Tochter, eine Teilnehmerin der Nürnberger Förderstätte, ist inzwischen mit einem Talker versorgt. Die Mitarbeiter*innen signalisierten, dass die junge Frau gute Fortschritte macht. Allerdings gibt es sowohl bei den Kolleg*innen als auch bei der Mutter noch Unsicherheiten, wie das Gerät im Alltag optimal genutzt werden kann.
Geht es dann darum, dass sich die junge Frau an die technische Unterstützung gewöhnt?
Anja Pudelko: Genau, das nennen wir Modelling. Also eine Art des Vorlebens, wie und wo der Talker im Alltag genutzt werden kann. Den Kolleg*innen kommt dabei eine Vorbild-Funktion zu. Die Klient*innen lernen Schritt für Schritt von ihnen, wie die Kommunikation mit dem Talker funktioniert. So kommen wir weg vom erklärenden Lernen hin zu einem Learning by Doing. Für Mitarbeiter*innen und Angehörige ist es jedoch eine Herausforderung, den Talker sinnvoll in die Kommunikation einzubinden. In den Beratungen unterstütze ich gerne und gebe Tipps für den Alltag.
Was heißt das konkret?
Anja Pudelko: Stellen Sie sich eine Essenssituation vor: Ein Mitarbeiter fragt den Klienten, ob er noch einen Nachschlag haben möchte und drückt dabei auch die Taste „Mehr“ auf dem Talker. Die Klientin beobachtet dies und lernt: Wenn ich „Mehr“ drücke, bekomme ich eine weitere Portion Spaghetti, noch einen Kaffee oder darf mein Lieblingslied erneut hören. Das nennen wir Modelling.
„Mehr“, „Fertig“, „Später und „Nicht“ sind sogenannte kleine Worte. Welche Tasten befinden sich noch auf einem Talker?
Anja Pudelko: Das kommt immer darauf an, welchen Talker mit welcher Kommunikations-Software man vor sich hat. Die meisten dieser Softwaren haben schon ein großes Vokabular angelegt. Eine Einsteiger-Software gibt es, bei der man ganz individuell und eben mit einem sehr kleinen Wortschatz beginnen kann. Wichtig ist immer, mit Wörtern aus dem täglichen Umfeld der Person zu starten.
Das klingt recht komplex.
Anja Pudelko: Das ist es auch. Ich vergleiche das Kommunizieren mit dem Talker mit dem Erlernen einer Fremdsprache. Die Tasten sind die Vokabeln. Eine Sprache lernt man nicht von heute auf morgen. Bis Menschen den Talker sicher nutzen, vergehen oft zwei bis drei Jahre. Je besser pädagogische Fachkräfte, Eltern und Angehörige den Prozess begleiten, desto einfacher wird es.
Seit Kurzem bieten Sie Ihre Beratungen auch Kolleg*innen anderer Einrichtungen und Diensten in Mittelfranken an. Wie läuft das ab?
Anja Pudelko: Im Juli 2024 haben wir mit dem Kompetenz- und Beratungszentrum für Unterstützte Kommunikation Mittelfranken mit Sitz in Erlangen begonnen. Wir bieten Beratungen für Träger und Einrichtungen an, aber auch Einzelfallberatungen bei Bedarf zuhause bei den Klient*innen. Interessierte erreichen uns unter info(at)kub-uk-mittelfranken.de oder telefonisch unter 09131 92 07 155. Weitere Infos gibt es unter kub-uk-mittelfranken.de.
Das Interview führte